< Previous6061 Vorherige Seite Die „Argo VII“ trifft bei der Freundschaftsregatta vor Langen- argen auf die „Bayern II“. 1963 „Bayern I“. 1938 Die „Bayern I“ im Alten Rhein. Auf der Rückseite des Fotos steht: ‚zur Erinnerung an den Bodensee- segelsommer 1936‘. Panizza schlachtet das Bayernsegel. So lautet im Original die Schrift unter dem Bild. Der historische Schnappschuss ist leider unscharf geraten. Dreißigerjahre ightech, Leichtbau, Extremkonstruk- tionen - das sind keine Erfindungen wahnwitziger America‘s Cup-Kons- trukteure, auch wenn es da auf die Spitze getrieben wird. Das alles gab es auch schon vor weit mehr als 100 Jahren. Schon damals wurden die Schiffe ans Limit ge- baut. Mit nur einem Ziel: wenigstens eine halbe Bootslänge vor der Konkurrenz im Ziel zu sein. Anfangs hatten die Schiffe im LSC allerdings eher Tourencharakter. Auch Segelneulinge soll- ten wieder sicher in den Hafen zurückkommen. Das bedingte eher behäbige Schiffe. Solange überall am See ähnliche Boote gefahren wurden, fiel das nicht weiter auf. 1906 kam die erste Internationale Meterformel auf, sie setzte schnell den Maßstab - die bisherigen, nach Segellängen ver- messenen Boote gehörten bald zum „alten Eisen“. Die neue Formel der Konstruktionsklasse war der Grund, warum schon bald im Jahresrhythmus neue, immer einen Tick schnellere Sechser und Achter gebaut wurden. Allerdings hauptsächlich an Nord- und Ostsee. Und einige davon fanden den Weg an den Bodensee. „Bayern I“ 8mR-Yacht Länge 12,65 m, Breite 2,34 m, Tiefgang 1,55 m, Baujahr 1912, Konstrukteur: Max Oertz, Werft: Max Oertz, Hamburg, Segelnummer H11 (ab den Zwanzigerjahren) Hinterhersegeln ist langweilig. Im Herbst 1913 fanden sich neun Herren im LSC zusammen. Sie wollten auch etwas Silber abräumen und gründeten die „Yachtgesellschaft des L.S.C.“. Das Konsortium suchte ein Schiff, das nach der neuen Meterformel Siegchancen hatte. Sie fanden das „Mariechen“ verlockend, die 1912 bei Max Oertz gebaute 8mR-Yacht gehörte Konsul Loeck aus Kiel und war schnell. Sie wurde gekauft, im Frühjahr 1914 zu Wasser gebracht und in „Bayern“ umgetauft. Ihre spätere Segelnummer: H11. Sie machte 1914 14 Fahrten, am 20. Juni holte sie vor Überlingen und Konstanz einen zweiten, am 28. Juni einen ersten Preis. Bemerkenswert ist am 22. Juni 1914 die Überführungsfahrt von Konstanz nach Lindau. Laut Logbuch dauerte die Fahrt 12,5 Stunden, bei orkanartigem Südweststurm. Die Mannschaft unter E. W. Auer konnte das Toppsegel nicht rechtzeitig bergen, sie mussten beiliegen. Das Material hat es aber ausgehalten. Den Ersten Weltkrieg überstand die „Bayern“ im Winterlager. In den Zwanziger- und Dreißigerjahren wurde die „Bayern“ fleißig gesegelt. Die Weltwirtschaftskri- se zwang aber die „Yachtgesellschaft des L.S.C.“, die Segel zu streichen, der „Bayern“ drohte der Zwangsverkauf. Der Club übernahm das Schiff für 1.350 Reichsmark, inklusive Beiboot und Zubehör. Der LSC ist fast mein ganzes Leben. Hubert Henzler H6263 „Bodan“ beim ersten Einwassern am See in Ludwigs- hafen. 1913 Der „Bodan“ bei der Bodenseewoche vor Lindau. 1926 Die „Bayern II“ im Überlinger See. Sie trägt am Bug noch die By-Li-Nummer. Ende der Vierzi- gerjahre, Anfang Fünfzigerjahre. Einwassern der „Bayern II“ nach der großen Reparatur im Hochsommer 1964. Von links: unbekannt, Andreas Lochbrunner, links auf dem Traktor Hans-Joachim Holz, daneben Wolfi Steck. 1964 Vor der Regatta eine Leine ins Topp und kräftig gekrängt: Das Unterwasserschiff der „Bayern II“ kann geputzt werden. Etwa 1966 1937 bekam die „Bayern“ Konkurrenz im LSC. Der Club erwarb die „Bodan“, die später in „Bayern II“ umbenannt wurde. 1939 war erneut Schluss mit Segeln, H11 und H6 kamen in ein fünf Jahre dauerndes Winterlager zu Minn nach Reutenen. 1946 kaufte die französische Besatzungsmacht die erste „Bayern“ für 6.000 Reichsmark. Der LSC gab das Schiff nicht ganz freiwillig her, es wurde aus dem Winterlager heraus an den Atlantik transportiert. Seitdem verschollen. „Bayern II“ 8mR-Yacht Länge 12,65 m, Breite 2,32 m, Tiefgang 1,58 m, Baujahr 1911, Konstrukteur: Henry Rasmus- sen,Werft: Abeking und Rasmussen, Lemwerder, Segelnummer H6 Die „Bodan/Bayern II“, ebenfalls eine 8mR-Yacht, wurde 1911 als „Woge V“ für den Hamburger Kauf- mann Otto C. Ernst gebaut, bei der damals schon renommierten Werft Abeking und Rasmussen in Lemwerder an der Weser. Das 12,65 Meter lange Schiff galt 1911 als der erfolgreichste Achter im Deutschen Reich. Der Großherzoglich Badische Yachtclub Überlingen war nach dem Brand der Dieckmann-Werft in Über- lingen plötzlich ohne Schiff. Er kaufte die „Woge V“ 1913, brachte sie an den See und benannte sie in „Bodan“ um. 1937 erwarb der Lindauer Segler-Club das angeb- lich zu weich gewordene Schiff für 1.665 Reichs- mark. Bei der Überführungsfahrt kam Wind auf, das Schiff machte Wasser und musste Immenstaad als Nothafen anlaufen. Die mitgelieferte Fischerpum- pe war defekt, weil mit den Fasern einer Matratze verstopft, man habe „mit Eimern geschöpft, um nicht abzusaufen“, berichtete die Überführungscrew später in Lindau. In Überlingen gibt es noch heute Diskussionen, ob man die „Bodan“ nicht besser behalten hätte. 1939 kam die „Bodan“ zusammen mit der „Bayern I“ ins jahrelange Winterlager zu Minn nach Reutenen. 1947 – die „Bayern I“ war bereits in Frankreich – verlangten die Franzosen auch den Verkauf der bei- den anderen Achter, der bereits beschlagnahmten „Allwind“ und „Bodan“. Der Club unter Kurt Panizza versuchte zu verhandeln. Ein Achter könne verkauft werden, dafür dürfe der LSC den zweiten behalten – und die beschlagnahmte „Melita“ müsse freikom- men, lautete der Auftrag der Generalversammlung. 1949 bekam der LSC die „Bodan“ zurück und benannte bei der Hauptversammlung im März das Schiff um in „Bayern II“. In schmerzlicher Erinnerung an die verloren gegangene „Bayern I“. Das ist ein toller Verein. Winfried Ermler6465 Ein beliebtes Motiv. Die „Bayern II“ vom Klüverbaum aus gesehen. „Bodan“ vor Überlingen. Zwanzigerjahre Die „Bayern II“ mit gebroche- nem Mast im Schlepp. 1975 Das Deck der Bayern vor dem Umbau Altherrenausfahrt mit der „Bayern II“ nach Unteruhldingen. Am Ruder Manfred Wasmund, Klaus Backmeister, Gottfried Frank, Skipper Fritz Fechner, am Schifferklavier Fritz Weinberger. 1974 Nach dem Krieg kam das Clubleben erst langsam wie- der in Fahrt. Die „Bayern II“ war unbestritten das Flagg- schiff des wiederaufleben- den Clubs. Damals hatte sie noch ein Leinendeck, das seegrün gestrichen war. Die Wanten bestanden aus verzinktem Draht, die Fallen aus Hanf, die Segel aus Baumwolle. Die Fotos aus der Zeit zeigen viele Stockflecken und Flicken. Trotzdem konnte die „Bayern II“ die erste Auflage der RUND UM 1951 gewinnen, wie auch später noch einmal 1970. 1956 brach zu Beginn einer Altherren-Segelreise der Mast unter Deck infolge Trockenfäule. Der Mast wurde geschäftet, das Deck repariert. 1962 wurde das Unterwasserschiff neu aufgeplankt. Allerdings zog sich die Reparatur in die Länge, bis in den August. Beim Einwassern drang Wasser durch die ausgetrockneten Planken – und auch durch ein noch nie gesehenes Loch im Kielschwein. Der mittlere der drei miteinander verbundenen Kielsoh- le-Balken war verfault. Die „Bayern II“ kam wieder an Land, das faule Eichenholz wurde herausgestemmt, eine Stahlkonstruktion mit U-Schienen eingebaut und das Ganze mit einem Spezialbeton ausgegos- sen. Das Provisorium hielt bis 1977 und ist heute noch im Club als Bayerntisch zu sehen. Zwei Jahre später, 1964, kam das Deck an die Reihe: Dabei erfuhr die „Bayern II“ einschneidende Veränderungen. Im Mastbereich kam eine stählerne Rahmenspantkon- struktion zum Ein- satz. Drei miteinander verbundene Stränge nehmen jetzt die Lasten auf, auch die Püttingeisen sind daran befestigt. Das Cockpit wurde wesentlich vergrößert, die beiden Luken unter dem Skylight zu einem großen Aus- schnitt zusammengefasst. Die „Bayern II“ bekam ein Sperrholzdeck zur Versteifung, und der ebenfalls für die Stabilität wichtige Decksbalken blieb erhalten. Er läuft jetzt quer durchs Cockpit und kann immerhin Kleinzeug und Bierflaschen aufnehmen. Auch das Heck wurde verändert, nicht mehr - von der Seite gesehen - klassisch spitz zulaufend, son- dern in einem rundlichen Wulst endend. 1975 kam der Mast der „Bayern II“ ein zweites Mal. Auf der West-Ost-Regatta brach in einer Sturmböe eine der Backstagen. Der Mast fiel ziemlich zeit- gleich mit den beiden der „Elfe“. Der Club finanzierte die Reparatur, indem die untere Hälfte in Ringe geschnitten und jedes Segment für mindestens 50 Mark verkauft wurde. Die obere Hälfte konnte geschäftet werden. 1977 folgte eine Generalsanierung bei Beck auf der Insel Reichenau. Kielschwein, Vor- und Achtersteven wurden erneuert, der Bleikiel bekam neue Bolzen. Bei einem alten Holzboot gibt es keine aufwändigere Ich bin noch nicht lange genug dabei, um mir ein Urteil zu erlauben. Ich bin noch grün hinter den Ohren. Brigitte Heine Bei Lage lässt sich der Mast der „Bayern II“ relativ leicht entern.6667 Bei der verregneten Hundert- jahrfeier der „Bayern II“, die Fock mit dem Logo und den Unter- schriften der Bayernkapitäne. 2011 Die „Bayern II“ nach ihrem Mastbruch mit dem Surfbrettrigg. Beim Absegeln ist sie so bis Bregenz gekommen. 1975 Die Bayernkapitäne singen ihrem Schiff ein Geburtstags- ständchen. 2011 Die „Bayern II“ bei viel Wind im Überlinger See mit Max Kohlhund. 1995 Reparatur, die Alternative wäre gewesen: zersägen. Der Club entschloss sich zu der Investition. Aller- dings gestaltete sich der Rückweg schwierig: Der Konstanzer Yacht-Club hatte die „Bayern II“ entführt und in „Baden“ umbenannt. Das Schiff konnte nur durch eine Brotzeit und ein Fass Bier ausgelöst werden. Heute ist die „Bayern II“ das von den Club-Mitglie- dern heißgeliebte Flaggschiff – die Hundertjahrfeier 2011 zeigte, dass dieses Schiff der ‚gute Geist‘ des LSC ist. Jeder kann sich mit der Yacht identifizieren, nahezu jeder im Verein hat Erinnerungen an nas- se und sonnige Jugend-Segelreisen, an kitzelige Momente auf der Regattabahn oder an Erlebnisse beim gemeinschaftlichen Überholen des Unterwas- serschiffs. Trotz gelegentlich geäußerter Wünsche hat die „Bayern II“ immer noch keine Winschen mit Mehr- gangübersetzung, wie sie heute die anderen Achter fahren. Auf der „Bayern II“ wird wie vor 100 Jahren gesegelt, wenn sie auch etwas langsamer ist als die anderen, die aufgerüstet wurden. Es kann extrem harte Arbeit sein, wenn in einer Regatta die 65 Meter lange Großschot bei vier bis fünf Windstärken immer wieder von Hand dichtgenommen werden muss. Aber am meisten schmerzt, wenn gefiert werden muss. Weil kurz darauf wieder das Kom- mando kommt: Dicht! Denn das 70 Quadratmeter große Großtuch kann enormen Druck entwickeln. Das Boot ist ideal für die Jugendausbildung, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten im Club praktiziert wurde. „Alles geht nur in Teamwork. Jeder Strecker, jedes Fall, jede Schot hat so viel Zug, das können bei Wind nur mehrere Leute gleichzeitig dichtneh- men. Da lernt man wie zu alten Zeiten die Seemann- schaft und auch das richtige Timing fürs Manöver. Die Mannschaft muss an Bord sowohl Sturm als auch Flaute durchstehen“, fasst Jugendwart Robby Nitsche die Faszination des Bayernsegelns zusam- men. Und vielleicht findet sich gelegentlich auch wieder eine Altherrencrew für eine Segelreise. Der LSC ist mein wichtigster Verein. Hans-Joachim Holz6869 Die „Allwind I“ beim Stapellauf in der Bootswerft Minn. 29. Juli 1910 Die „Allwind I“ unter Spi nach ihrem Umbau. Sie bekam zwei Peitschenmasten. Nach 1925 Mit solchen Anteilsscheinen wurde der Bau der „Alwind“ finanziert. Die „Allwind“ im Marine-Yachtclub von Toulon, seitdem gibt es keine Spur mehr von ihr. 1961 „Allwind I“ 8mR-Tourenyacht Länge ca. 12,60 m, Breite 2,50 m, Tiefgang 1,50 m, Baujahr 1910, Konstrukteur: Arnold Müller (LSC), Werft Karl Minn, Reutenen Die „Allwind“ wurde nach der ersten Meterformel von 1906 gebaut. Sie war als Tourenschiff nicht recht konkurrenzfähig gegen die Rennachter und segelte bereits 1913 als Ausgleichsyacht. Die „Allwind“ hatte anfangs zwei Riggs. Auf Regatten fuhr sie als Einmaster mit einem Gaffel-Slup-Rigg, für Tourenfahrten hatte sie zwei Masten, sie war eine Gaffel-Yawl. 1925 wurde ein neues Rigg gebaut, nach den Plänen des Konstrukteurs Arnold Müller. Es blieb bei der zweimastigen Yawl-Takelage, aber die „Allwind“ verlor ihr Gaffelrigg und wur- de hochgetakelt - mit den damals modernen Peitschenmasten. Allerdings war die „Allwind“ ziemlich luvgierig, mit nur einem Vorsegel ohne Klüverbaum. Deshalb gab es zunächst ein zwei- tes Vorsegel. 1926 wurde ein kurzer Klüverbaum angebaut, und als auch das noch nicht für den nötigen Druck in Richtung Lee reichte, wurde der Klüverbaum 1932 verlängert. Soweit das Rigg. Die „Allwind“ bekam als Tourenachter 1924 eine neue Inneneinrichtung mit elektrischer (!) Beleuchtung und einem Pumpklosett. 1929 strandete die „Allwind“ vor Hagnau, die Crew musste dem Club Bericht erstatten: „Am 12. Juni 1929 erreichten wir abends ½ 8 Uhr bei ziemlich starker Ostwindbrise und wol- kenlosem Himmel Hagnau u. gingen zwischen dem Pfahl Nr. 2 und der Landungsbrücke vor Anker. […] Wir hatten im Adler kaum unser Essen bestellt, als der Wirt hereinkam und uns sagte, ob die „Allwind“ ordentlich verankert sei, es sei plötzlich ein starker Weststurm aufgekommen. Schmalenberg und ich sahen sofort nach dem Boot und peilten etwa 10 Minuten, um uns zu überzeugen, ob der Anker wirklich hielt. Das Boot hielt tadellos und gingen wir hierauf wieder zurück nach dem Adler.“ (Kurz zusammengefasst: Die Ankerkette brach, auch mit dem Motorboot eines Fischers war die „Allwind“ nicht mehr einzuholen. Sie strandete.) „Schmalenberg war inzwischen an der Lan- dungsstelle tätig, war mit einigen jungen Män- nern an Bord geklettert und führte Trossen aus, um zu verhindern, dass die „Allwind“ irgendwie mit den Mauern in Berührung kam. […] Schma- lenberg hatte unbekümmert um seine Gesund- heit vollständig durchnässt etwa 2 Stunden weitergearbeitet. Leider hatte er sich derart überanstrengt, dass er, nachdem er sich umge- zogen hatte, einen leichten Nervenschock erlitt, den er aber auf meine ärztlichen Anordnungen mit einem kräftigen Glühwein und sonstigen Alkohölern wieder kurierte. Franz Fasold, Gaswerksdirektor Kempten“ Am nächsten Morgen wurde von einem Pfahl- rammboot aus eine Kette um den Rumpf ge- legt, die „Allwind“ kam frei. Sie hatte nur leichte Beschädigungen.Next >