< Previous41 ach dem Krieg mussten Schritt für Schritt die beschlagnahmten Schiffe zurückgeholt werden. Gleiches galt für die besetzten Hafenanlagen. Der Wieder- aufbau begann mit einfachsten Mitteln, die Mitglieder legten selbst Hand an bei den Re- paraturen. In den Sechzigerjahren konnte der Club Teile des Werfthafens dazubekommen und baute die Halle Zech. Die Mitgliederzahlen wuchsen rasan t. 1945 lag Deutschland am Boden. Lindau war zum Glück von Zerstörungen verschont geblieben, im Gegensatz zum benachbarten Friedrichshafen. Französische Truppen hatten beide Städte be- setzt, es herrschten Angst und Unsicherheit – und materielle Not. Die NSDAP hatte den LSC wie alle Sportvereine gleichgeschaltet – und damit galt auch der Club für die Siegermächte als Nazior- ganisation. Der LSC war wie alle Sportvereine in Deutschland durch ein alliiertes Kontrollratsgesetz verboten. Es gab aber den Stadtverband für Lei- besübungen, der sich um die Vereine kümmerte. Der LSC war zwar offiziell aufgelöst, wurde aber nicht aus dem Vereinsregister gelöscht, er besteht also seit 1889 ununterbrochen fort. Die meisten Männer waren noch in Kriegsgefangenschaft. Wer den Krieg am Bodensee überlebt hatte, den steckten die Franzosen hinter Stacheldraht. Zum Beispiel vor der Sängerhalle, auf dem Gelände von Holzbau-Schneider am Hasenweidweg oder in den Baracken am Kamelbuckel. Der letzte Vereinsführer, Dr. Ludwig Schlechter, war vermutlich 1944 eingezogen worden. Mögli- cherweise übernahm Josef Göser das Amt des Vorsitzenden kommissarisch. Aus dieser Zeit vor und nach Kriegsende gibt es kaum Unterlagen. Clubhaus und Hafen waren besetzt, alle Segel- boote beschlagnahmt, sie wurden in den Jahren nach 1945 der französischen Segelschule ‚Ecole de cadre‘ in Langenargen zugeteilt. Der „Tamino“ kam noch 1945 ins Wasser und wurde gesegelt. Im Frühjahr 1946 segelten „Bodan“, „Audifax“, und „Melita“ unter der Trikolore, 1947 auch die „Allwind“. 1946 kaufte die französische Besatzungsmacht die „Bayern“ für 6.000 Reichsmark, es findet sich darüber lediglich ein Eintrag in einem kleinen Kassenbuch. Für die Jolle „Frechdachs“ gab es 400 Mark. Die „Bayern“ wurde vom Winterlager bei Minn in Reutenen direkt nach Frankreich gebracht, vermutlich an die Atlantikküste, sie ist bis heute verschollen. Im Dezember 1947 wollten die Franzosen auch die „Allwind“ und die „Bodan“ erwerben, für je 25.000 Reichsmark. Zwei Tage vor Weihnachten wurde eine außerordentliche Ge- A Stück Heimatle. Werner Breyer N Vorherige Seite Der Hafen aus der Luft. 1953 Der 22-qm Schärenkreuzer „Pusteback“ mit Hanns Doerr an der Pinne. In dem Zustand hat der LSC seine Schiffe 1949 zurückerhalten. Die LSC-Flotte im Dampferha- fen. Der Hafen war das Ausweich- quartier, der LSC-Hafen war noch besetzt. 1949 Die „Bayern II“ beim Rangieren zum Einwassern. 1952 Georg ‚Schorsch‘ Mayr und Fritz Weinberger auf dem „Tamino“. Bodenseewoche 19514243 Die Bootswerft Minn in Reutenen bei Wasserburg, links Werftbesitzer Minn, rechts sein Sohn. neralversammlung einberufen. Der LSC hatte kein Geld, hätte aber hohe Beträge in den Unterhalt der verbliebenen ramponierten Schiffe stecken müssen. Also wurde die „Allwind“ verkauft - unter der Bedingung, dass die „Bodan“ und die „Melita“ wieder an den LSC zurückgegeben werden. Die Franzosen ließen sich darauf ein. Warum konnte der verbotene LSC eine Gene- ralversammlung abhalten? 1946 war die Sport- gemeinde Lindau gegründet worden – mit der Abteilung Segeln. 1. Vorsitzender war Kurt Pa- nizza, der ausgezeichnet Französisch sprach, als Leiter des Kreis-Wirtschafts- und Ernährungsamts ein bedeutender Mann in diesen Mangelzeiten war und auch gute Kontakte zu den französischen Dienststellen hatte. Er bemühte sich in zähen Ver- handlungen, die Schiffe des LSC wieder freizube- kommen. Die waren in schlechtem Zustand, der „Tamino“ soll einmal ein Stück weit den Steg hin- aufgesegelt und liegengelassen worden sein. Die „Melita“ ging wegen mangelnder Pflege im Hafen von Langenargen unter und lag mehrere Mona- te unter Wasser, zum Teil unter einer Eisschicht. Waren die Schiffe beschädigt, kamen sie später zu Minn in die Werft und sollten auf Kosten der Eigentümer wieder hergerichtet werden. In dieser Zeit wurde am Bodensee manches Mahagoniholz durch ein Fichtenbrett ersetzt. Ab 1946 bekamen die Österreicher ihre Schiffe zurück. 1948/49 wurden die beschlagnahmten Boote auch am deutschen Seeufer wieder zu- rückgegeben, wobei die Franzosen zum Teil den Überblick verloren hatten, wo welche Schiffe lagen. Zwischen Lindau und Überlingen waren sie in die neu gegründeten französischen Clubs gebracht worden, sie wurden aber auch weiterge- reicht. Es herrschte ein Chaos, das von der Büro- kratie der Besatzer nur noch schlimmer gemacht wurde. Immer wurde irgendwo ein neues Papier, ein neuer Stempel benötigt. Nach langen Verhandlungen durch Kurt Panizza schrieb das französische Oberkommando am 16.3.1949 an den Vorstand der Sportgemeinde Lindau, dass die Segelboote wieder an ihre Besit- zer zurückgegeben würden. Am 1.4.1949 konnte der Verein über die Clubboote „Bodan“, „Melita“, „Knurrhahn“ und „Möve“ verfügen. Elf Tage später wurde der Wassersportverein Lindau ins Leben gerufen, mit den Abteilungen Segeln, Rudern und Kanu. Als Satzung diente die LSC-Satzung von vor 1933. Am 17. Mai erfolgte schließlich die offizielle Über- gabe der Clubboote zusammen mit den Privat- schiffen „Audifax“, „Tamino“ und einigen anderen. Der LSC hatte wieder eine kleine Flotte, die lag im Das ist mein Verein. Seit 64 Jahren. Walter Koch4445 Dampferhafen: Clubhaus und Segelhafen waren weiter von der französischen Marine besetzt. Die „Bodan“ wurde in Erinnerung an das zwangsver- kaufte Clubschiff „Bayern I“ in „Bayern II“ umge- tauft. Möglicherweise wurde schon vor 1949 vereinzelt gesegelt. Darauf deutet ein Brief vom 16.12.1947 hin. Der Schriftführer Schlumberger schrieb an Panizza: „Die Rechnung der Firma Egg in Höhe v. 2.205 RM für Schnaps zur Beschaffung von Segeln habe ich bezahlt. Ich bitte Sie, falls Sie Capt. Nis- sen gelegentlich treffen darauf hinzuweisen, dass Fa. Egg die Flaschen als ihr Eigentum betrachtet und auf Rückgabe der 42 leeren Flaschen be- steht.“ Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, warum der LSC Schnaps gegen Segel tauscht: Der Eigner eines Bootes musste auch für den Unterhalt sor- gen: In diesem Fall brauchte ein Clubschiff neue Segel. Am 9. August 1949 gab es die erste Nachkriegs- regatta , gemeinsam veranstaltet vom Club Nautique und dem LSC. Ursprünglich wollten die Franzosen im Beisein von Gouverneur du Font-Reaulx internationale Wettfahrten austragen – aber ohne deutsche Teilnehmer. Die Schweizer drohten mit so fortiger Abreise, die Franzosen fürchteten diplomatische Verwicklungen und ließen deutsche Starter zu. Damit war der Damm gebrochen, auf dem Drei-Länder-See konnten deutsche, österreichische und Schweizer Segler wieder zusammenkommen. Am 21. August gab es bereits die erste Boden- seewoche nach dem Krieg, mit Lindauer Beteili- gung vor Bregenz und Staad bei Rorschach. Nach der Währungsreform begann der Auf- schwung: Das LSC-Mitglied Walter Weisert ließ sich einen Vertens-Kreuzer bauen, im Jahr darauf wurde dieser durch einen 30-qm Schärenkreu- zer ersetzt. Auch ein Sechser kam nach Lindau, und es wurden gleich zehn Piraten von und für LSC-Mitglieder gebaut. 1950 kehrte der Wassersportverein Lindau, Ab- teilung Segeln, wieder in den Segelhafen zurück. Die Stadt leistete einen erheblichen Zuschuss zur Sanierung der Stege. Und der Club konnte das halb verrottete Kleine Clubhaus zurückpachten, für drei D-Mark Zins. Im selben Jahr gründete Klaus Götsch eine Segelschule im LSC-Hafen und wohnte zum Teil im oberen Teil des Kleinen Club- hauses. Es gab Unstimmigkeiten, der Segelschule wurde gekündigt. Anfang 1951 löste sich der Wassersportverein auf, der LSC firmierte wieder unter seinem eige- nen Namen. Und er schrieb die RUND UM aus, die Langstreckenregatta rund um den Bodensee (siehe eigenes Kapitel). In diesem Jahr hatte der LSC 138 Mitglieder, im darauffolgenden waren es bereits 188. 1953 sank die „Melita“ am Rheinspitz in einem Gewittersturm, zwei Männer ertranken. „Aquarius I“, Stahlyacht im LSC. Etwa 1956 Auszug aus dem Bootsregister Bodensee. 1956 Pflichtarbeitsstunden gab es schon in den Achtzigerjahren. Absegeln mit fliegendem Start. Die Kapitäne standen an Land. Erst mit dem Startschuss durf- te die Persenning abgemacht werden. Max Groitsch mit weißer Mütze und Erich Nitzer. Etwa Sechzigerjahre Ansegeln in den Fünfzigerjahren. K22 „Audifax“, daneben X25 „Nymphe“ Bregenz, mehrere Drachen und K20 „Undine“, K19 „Melita“ und P100 „Tamino“.4647 Jugendsegeln mit den Küs- tenjollen „Knurrhahn“ und „Möve II“. Auf dem Bild sind die beiden unterschiedlichen Bugformen gut zu erkennen. Jugendleiter Alfons Baldischweiler blickt direkt in die Kamera. 1954 Kurt Panizza mit Werner Schwendner. Im Hintergrund Jürgen Berg und Bärbel Koch. Etwa 1971 Der LSC-Hafen bei der Bodenseewoche. 1960 Hermann Stalter bei einer Jugendsegelreise. Anfang Sechzigerjahre Viktor Vogel auf dem „Albatros“ und H. Eberle auf dem Wapo-Boot „Hecht“ beim Absegeln. 1971 1954 räumten die Fran- zosen das Große Club- haus, es war allerdings vollständig ausgebeint, sogar das Modell der alten „Bayern“ fehlte. Die Mitglieder machten sich gemeinsam an die Arbeit, der Holzständerbau und der Fußboden des Clubhauses waren angefault. Die Inselbraue- rei stiftete das Mobiliar für den Clubraum. Angesichts der besseren Zeiten stellte der Club (wie schon zu Beginn des Jahrhunderts) einen Bootsmann ein. 1955 mussten die Vereinsmitglieder ein Unglück verkraften: Franziska Kleber ertrank beim Baden von ihrem Piraten „Frosch“ aus. Im Jahr 1955 oder 1956 kam der „Aquarius II“ in den Club. Auf dem 75-qm Nationalen Kreuzer segelten viele Clubmitglieder jahrelang Regatten. Die Betonmole wurde verlängert. 1957 kaufte der LSC das Kleine Clubhaus zurück und musste es sanieren. Die Arbeit ging nicht aus: 1959 brauchte das Große Clubhaus eine Generalsanierung. Die Fenster waren undicht, das Dach schadhaft, es gab im Stil der Zeit neue Fußböden mit PVC-Belag. Viele Mitglieder halfen bei der Reparatur. 1959 kam der 75-qm Schärenkreuzer „Argo VII“ in den Lindauer Hafen, und 1960 gab es mit einem Nordischen Kreuzer eine neue „Allwind“. 1961 stellte die Schiffswerft der Bundesbahn im Werfthafen den Betrieb ein, der Club konnte sich über den Werfthafen massiv vergrößern. Die Zahl der Mitglieder stieg in wenigen Jahren auf über 400. Bis Ende der Sechzigerjahre verdoppelte sich der Bootsbestand auf fast 140 Schiffe (inklu- sive Jollen). Infolge der Hafenvergrößerung kamen auch zwei weitere 75-qm Schärenkreuzer nach Lindau: die „Benny“ und die „Aloha“. Auch wenn sich die Eigner nicht immer ganz grün waren. Das Jahr 1963 brachte die Seegfrörne. Anton Binder fuhr mit seinem Käfer auf seinen Liege- platz und parkte, der „Albatros“ von Werner Steck wurde flügellahm und versank im Eis. Das Schiff konnte aber dank guter Beziehungen zum THW relativ problemlos wieder gehoben werden. 1964 feierte der Club sein 75-jähriges Bestehen. Es gab eine Sternfahrt mit Ziel Lindau und 212 Schiffen. Zur Verlängerung der Mole wurde an der Ostseite ein Trajektschiff festgemacht, an dem lagen viele Besucherboote. Bei aufkommendem Südwind hielten aber die Anker des Trajektschiffs nicht im schlammigen Untergrund vor dem Hafen, Im LSC war ich schon immer. Der LSC ist für mich die Möglichkeit zu segeln. Hans-Peter Duwe4849 die ganze Konstruktion wanderte und beschädig- te den Molenkopf. 1965 beschloss die Hauptversammlung eine zweijährige Probezeit für neue Mitglieder bis zur endgültigen Aufnahme. Dies wurde noch ver- schärft: Im Juni 1965 verkündete die Vorstand- schaft eine Aufnahmesperre für neue Mitglieder, das Interesse am Segeln war zu groß geworden. Im Wesentlichen bestand die Mitgliedersperre bis in die Achtzigerjahre. Sie wurde aber bei begrün- deten Aufnahmeersuchen flexibel gehandhabt. 1967 verkaufte der Club die hölzerne „Allwind II“ und erwarb in Holland eine leere Stahlschale mit Rigg, die „Alwind III“. Und mit diesem Namens- wechsel verlor die „Allwind“ ein L im Namen, aber das Nachfolgeschiff heißt wieder „Allwind“ (IV). Ebenfalls 1967 beschloss der Club den Bau der Winterlagerhalle in Zech. Der Baubeginn ver- zögerte sich allerdings bis 1971. Die Halle steht im Landschaftsschutzgebiet, was bei späteren Erweiterungsplänen Probleme bereiten sollte. 1972 wurde der alte Bundesbahnkran im Zech aufgestellt, er gehört dem LSC. Der Hafen Zech ist gut auf eigenem Kiel erreichbar, sofern im Win- ter der Wasserstand nicht zu niedrig ist. 1982 musste das hölzerne Clubhaus erneut saniert und umgebaut werden. Die Kosten dafür: stolze 156.000 DM. 1985 beschaffte der Club das Sicherungsboot „Bim“, benannt nach Bim Clingestein. Die Schale aus Aluminium wurde mit einem größeren Motor ausgebaut, das Fischerboot bekam dadurch im Bug sehr viel Gewicht, ist im Sturm nicht ganz seetüchtig und mittlerweile recht reparaturanfällig. In der Zwischenzeit gilt der „Bim“ durch die vielen Verbesserungen als „verbastelt“. 1986 kehrte Fritz Fechner zurück nach Lindau. Zu viert war die Familie von 1982 bis 1986 mit der „Taloha“ um die Welt gesegelt, der Abschlussvor- trag in der Inselhalle musste zwei Mal abgehalten werden, so groß war das Interesse. Der LSC ist für mich meine zweite Heimat. Werner Schwendner Der Taucher Drexler bei Unterwasserarbeiten im LSC-Hafen. 1971 Detailaufnahme des alten Werftstegs. Manfred Bröder auf der Leiter am Wapo-Schuppen. Er peilt, ob die Pfähle richtig geschlagen wurden. Die Leiter steht frei auf dem „Bim“. Vaurienregatta im Club. Siebzigerjahre Martin Hostenkamp und Max Kohlhund beim Bau des Optilagers. 1988 Der Waposchuppen im Bau. 1982 Steinpackungen stabilisieren unter Wasser die Betonmole. 1988 Nächste Seite: „Elfe II“. Achtzigerjahre Jollenregatta im LSC, vorn mit Bärbel Koch und Christine von Rom Molenfest. SiebzigerjahreNext >